Gerhard Erren
Werdegang
Gerhard Erren (* 4.03.1901 in Mittelbrück in Oberschlesien) wuchs mit drei Geschwistern auf. Seine Mutter verstarb, als er zwölf Jahre alt war, sein Vater neun Jahre später. Nach der Volks- und Realschule besuchte er das Lehrerseminar und bestand 1921 die Lehrerprüfung. Er unterrichtete Geschichte, Erdkunde, später auch Biologie. Erren besuchte schließlich ein Jahr lang die Preußische Hochschule für Leibesübungen in Berlin-Spandau, wo er Ostern 1928 die Abschlussprüfung als „Turn- und Sportlehrer, Schwimm- und Ruderlehrer sowie Lehrer für orthopädisches Turnen“ ablegte. Nach Lehrtätigkeit an mehreren Schulen wurde er 1933 Beamter auf Lebenszeit.
Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte er zudem verschiedenen Freikorps und Grenzschutzverbänden an und bewegte sich in nationalen und völkischen Kreisen. Seit Anfang der 20er Jahre war er Stahlhelm-Mitglied, ab 1933 ging er damit in die SA über und firmierte dort als Truppführer und Sportreferent. Ab 1931 schloss er sich der nationalsozialistischen Bewegung an. Seit 1934 war er hauptamtlicher Politischer Leiter in der NSDAP.
Dr. Robert Ley wählte Erren für die Funktion eines "Stammführers" an den „NS-Ordensburgen“ aus. Dazu wurde er zusätzlich in einem Sonderlehrgang für die „NS-Ordensburg“ Vogelsang ausgebildet. 1937 kam er an die "Ordensburg" Krössinsee und wurde dort als "Kameradschaftsführer" eingesetzt.
Im Zweiten Weltkrieg
Nach der Teilnahme in der Wehrmacht am Frankreichfeldzug 1939/40 wurde er im August 1941 Gebietskommissar von Slonim in Weißrussland bis Juli 1944. Das Ministerium Rosenberg hatte ihn zum Einsatz in den besetzten Ostgebieten eingefordert. In Slonim war Erren zugleich politischer Leiter der NSDAP. Nach Aussagen von Erren verfügte das Gebiet Slonim u.a. über eine Bevölkerung von 25.000 Juden. Aus den erhaltenen Lageberichten Errens geht hervor, dass unter Errens Verantwortung mehrere Massenerschießungen durchgeführt wurden. Nur wenige Juden überlebten die Herrschaft Errens. Im Herbst 1943 bewarb er sich parallel noch um die Mitgliedschaft in der SS und wurde am 2. März 1944 in die Schutzstaffel aufgenommen. Im Februar 1945 wurde Erren von der Waffen-SS als Führer für weltanschauliche Schulungen übernommen.
Nach Kriegsende
Nach Kriegsende befand sich Erren bis Januar 1948 in britischer Internierung. Durch Falschangaben zu seiner Person konnte Erren 1949 seinen Lehrerberuf in Hamburg wieder aufnehmen, wurde 1951 verbeamtet und unterrichte bis 1960 an Hamburger Volksschulen. Ab 1960 wurden aufgrund seiner Tätigkeit als Gebietskommissar Disziplinar- und Strafverfahren gegen ihn eingeleitet und zeitweise Untersuchungshaft gegen ihn verhängt. Gleichwohl konnte Erren bis 1971 an Hamburger Privatschulen unterrichten.
1974 erging gegen Gerhard Erren wegen der Massenermordungen von Juden in Slonim unter seiner Verantwortung als Gebietskommissar eine Verurteilung zu lebenslanger Haft. Bei der Urteilsfindung berücksichtigte das Landgericht Hamburg nicht nur die Rolle, die Erren kraft seines Amtes bei den Exekutionen ausgeübt hatte, sondern auch die persönliche Brutalität, mit der er dabei zu Werke gegangen war, etwa bei der Erschießung einer brennenden alten Frau, die er getötet habe, »weil er meinte, daß sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur jüdischen Rasse kein Recht zum Weiterleben hätte«, und weil er »darüber hinaus seinen Begleitern zeigen« wollte, »daß derartige Situationen hartes Handeln erfordern. Indem er hierdurch seine Begleiter anfeuern wollte, ebenfalls emotionslos auf jüdische Menschen zu schießen, bezweckte er mit seinen Schüssen zugleich, die Aktion gegen die Juden Slonims voranzutreiben.« So klar der Fall Erren auch schien, erlangte das Urteil doch keine Rechtskraft: Der Bundesgerichtshof hob es aus formalen Gründen auf, und das Wiederaufnahmeverfahren wurde schließlich wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten eingestellt.
