/images/vogelsang/articles/VIP005770.jpgGebietskommissar Walter Brocks (Archiv Vogelsang IP, Privatbesitz)

Walter Brocks

Walter Brocks wurde am 27.12.1909 in Oberhausen geboren. Nach dem Besuch der Volksschule legte er 1930 in Münster sein Abitur ab. Mit diesem relativ hohen schulischen Abschluss unterschied er sich von der breiten Masse der Lehrgangsteilnehmer an den „Ordensburgen“, die in ihrer Gesamtheit eher einen einfachen Bildungshintergrund aufwiesen. Brocks trat der NSDAP am 01.12.1931 unter der Mitgliedsnummer 817634 bei. Damit war er zwar kein „alter Kämpfer“ (Mitgliedsnummer unter 300.000), aber auch keiner der „Märzgefallenen“. Von 1937 bis 1938 absolvierte Brocks einen Kurzlehrgang in Vogelsang. Danach wurde er in der Gauverwaltung Münster eingesetzt. Als Soldat war Brocks an den verschiedenen Angriffskriegen der Wehrmacht beteiligt. Im September 1941 wurde Walter Brocks zum Gebietskommissar von Dubno ernannt und war in dieser Herrschaftsfunktion etwa ein Jahr tätig. Als Gebietskommissar war er nicht mehr in der Wehrmacht, sondern quasi als Kolonialbeamter in der zivilen Verwaltung der „besetzten Gebiete“ tätig. Ab Februar 1943 war er wieder als Soldat in der Wehrmacht eingesetzt. Am 14.06.1943 fiel Walter Brocks in Russland.

Die Stadt Dubno war ein Zentrum jüdischen Lebens in der Ukraine. Von den insgesamt 18.000 Einwohnern waren 12.000 Menschen jüdischen Glaubens. Mit der Einnahme der Stadt durch die Wehrmacht begannen die Repressionen gegen die jüdische Bevölkerung Dubnos. Als Gebietskommissar beaufsichtigte Walter Brocks im April 1942 die Einrichtung eines Ghettos. Die jüdische Bevölkerung wurde in „Arbeitsfähige“ und „Arbeitsunfähige“ unterteilt. Am 27. Mai erschossen Angehörige der deutschen Gendarmerie, der Sicherheitspolizei und der ukrainischen Schutzmannschaften 7.000 Menschen. Am 5. Oktober 1942 wurden weitere 3.000 Menschen erschossen. Als Gebietskommissar war Walter Brocks in die Organisation und Durchführung sämtlicher Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung involviert.

Quellenzitat:

Aus dem Tagebuch des Lehrers Oleksandr Pavsuk:

„23.5. Dieser Tage haben die Deutschen auf dem ehemaligen Flugplatz in Richtung Hirnyky riesengroße Gruben ausgehoben, die Juden dorthin getrieben und sie ermordet. Tot oder nur verletzt und noch lebendig – alle wurden zusammen in den Gruben begraben. Kinder wurden nicht getötet, sondern einfach lebendig begraben, an die Brust ihrer Mütter gedrückt. ‚Judenpogrom‘.“
(CDA HOU, 7/4/344, BI. 3, Kopie: YVA, M-37/345. Das Dokument wurde aus dem Ukrainischen übersetzt)

Folgender Auszug entstammt dem Protokoll der Zeugenvernehmung von Ahron Grojsberg15, Rybnaja-Straße 8, Dubno, durch den Untersuchungsleiter der Staatsanwaltschaft des Rayons Dubno, gez. Parchogenko, vom 21.11.1944.

„Die Frauen und Kinder führte man zu den im Vorfeld ausgehobenen Gruben auf dem Flugplatz. Dort wurden die Kinder von ihren Müttern getrennt, und man ließ sie auf einer Wiese spielen, während die Mütter auf die gleiche Weise erschossen wurden wie die Männer. Nach der Erschießung der Frauen wollten die Henker aufbrechen; die Kinder hatten sie einfach vergessen. Als sie sich dann wieder an sie erinnerten, beschlossen sie, sie auf andere Weise zu ermorden. Es war schon Abend, und die Henker hatten es eilig, nach Dubno zurückzukehren, also brachten sie die kleinen Kinder zur Grube und begannen damit, sie lebendig in die Grube zu stoßen. Als die Kinder unten lagen, warfen die Henker zwei Granaten hinterher. Einige Kinder wurden getötet, andere verletzt, während diejenigen, die ganz unten lagen, vielleicht sogar unversehrt blieben, doch die Henker schütteten die Grube mit Erde zu und fuhren weg. Es gab zu der Zeit ungefähr 300 Kinder im Alter bis zu sieben Jahren.“
(GARF, 7021/71/48, Bl• 35-37R5, Kopie: USHMM, RG 22.002, reel 13. Das Dokument wurde aus dem Russischen übersetzt)

/images/vogelsang/articles/Dubno_Jüdisches Fest.jpgDubno verfügte über ein lebendiges jüdisches Kulturleben. Aufnahme eines jüdischen Festes in Dubno (Archiv Vogelsang IP)