Alte Pläne der Stadt Aachen

Der Rundgang im Depot sollte mit einer Betrachtung der beiden großformatigen Karten der Stadt Aachen aus den Jahren 1911 und 1928 beginnen. Auf diesen alten Karten lässt sich die Bedeutung der Industrie für Aachen im 19. und 20. Jahrhundert gut erkennen. Der Plan aus dem Jahr 1911 zeigt die hohe Zahl an Industriebetrieben und die wichtigsten Industriezweige sehr anschaulich mittels einer Vielzahl von verschiedenfarbigen Punkten. Diese hohe Zahl allein zeigt schon die Bedeutung Aachens als Industriestadt in dieser Zeit. So gab es bereits im Jahr 1849 in der Stadt Aachen 47 Tuchfabriken und 20 Spinnereien, die fast 13 000 Menschen beschäftigten, darunter viele Frauen und Kinder. Auf dem Plan von 1911 erkennt man noch den typischen Verlauf der Mauerringe und den Verlauf der Eisenbahnlinien. Dabei fällt auf, dass es neben dem Westbahnhof zu dieser Zeit noch einen Bahnhof, den Bahnhof Templerbend (auf dem heutigen RWTH-Gelände) gab, von dem eine Strecke der Rütscher Straße nach Holland folgte: Insgesamt ist Aachen 1911 in den Randbezirken noch deutlich weniger bebaut, nur im Osten, wo auch ein Schwerpunkt der Industrieansiedlung ist, erkennt man eine stärkere Erweiterung über die alten Stadtgrenzen hinaus. Die Bevölkerung Aachens betrug im Jahre 1910 nach dem Ergebnis der Volkszählung 165.143 Menschen, von denen ein großer Teil der Erwerbstätigen Arbeit in einer der zahlreichen Fabriken der Stadt fand.

/images/tuchwerk/articles/3.DSC04545-Verbessert-NR.jpg
Die roten Punkte mit einem schwarzen Kreuz markieren die älteste und wichtigste Branche – die Tuchindustrie, zu diesem Zeitpunkt noch 103 Betriebe, z.T. mit fünf Beschäftigten, aber auch einige mit mehreren hundert. Die Größe der farbigen Punkte markiert die ungefähre Anzahl der Beschäftigten. Zahlreich Gebäude der ehemaligen bedeutenden Tuchfabriken sind noch erhalten, so die Tuchfabrik Delius (heute eine große Wohnanlage in der Deliusstraße), oder in verschiedenen Innenhöfen im Frankenberger Viertel, z.B. Arnold & Schüll, Katz & Langstaadt, Süßkind & Sternau. Die blauen Punkte kennzeichnen Betriebe der Nadel- und Kratzenindustrie, die in Aachen neben der Tuchindustrie traditionell eine besonders große Rolle wegen der hohen Qualität ihrer Produkte spielte. Besondere Bedeutung hatte auch die (im Plan mit braunen Punkten dargestellte) Maschinenbauindustrie, deren Betriebe sich an der Jülicher Straße mit dem Nordbahnhof konzentrieren. Die beigen Punkte erinnern an die heute längst vergessene und noch bis zum ersten Weltkrieg in Aachen bestehende Tabak- bzw. Zigarrenindustrie. Der mit Abstand größte Punkt überhaupt markiert das Hüttenwerk Rothe Erde mit seinerzeit 3000 Beschäftigten auf dem Gelände der ehemaligen Philips-Werke und der Reifenproduktion (Englebert, Uniroyal, Conti).

  • Liste, nach der die Namen der Tuchfabriken identifiziert werden können, gibt es in der Anlage, dazu ein Video s. htttps://www.tuchwerk-aachen.de > Galerie; für Rundgänge Empfehlungen bei Norbert Gilsen: Zu Fuß durch Aachens Industriegeschichte
  • Mögliche Aufgaben: Texte zur Aachener Industriegeschichte erstellen, Porträts wichtiger Unternehmen und Unternehmer erarbeiten und präsentieren oder einen virtuellen Stadtrundgang auf den Spuren der Textilindustrie in Aachen anfertigen
  • Die Bedeutung der Aachener Bäche für Tuchfabriken mit Hilfe der Karte und zusätzlicher Literatur (z.B. Die Aachener Bäche) rekonstruieren


Der zweite Plan aus dem Jahr 1928 zeigt die Ausweitung des städtischen Raums gegenüber dem Zustand von 1911. Man erkennt hier auch den Lauf des gesamten Wildbachs von der Quelle bis zur Mündung in die Wurm, auch die kaum ausgebaute Stockheider Mühle ist zu sehen, außerdem das Aachener Industriegebiet an der Jülicher Straße mit mehreren Betrieben der Schwerindustrie, Talbot, Krantz, Fafnir und städtische Versorgungsbetriebe, der Schirm-fabrik Brauer (heute Ludwig Forum), den Spinnereien Friese und Roerings sowie die jüdischen Tuchfabriken Struch und Guttentag und Königsberger. Diese ehemalige Wandkarte bietet mit ihrer hohen Genauigkeit und den aufgeführten Firmen wichtige Informationen zur genauen Lage von Fabriken und städtischen Einrichtungen und kann deshalb für vertiefende Erarbeitungen herangezogen werden.