Das Kesselhaus

Energie für das Tuchwerk

Obwohl die Wasserkraftnutzung zunächst von zentraler Bedeutung für die Entstehung der Mühlen und Fabrikanlagen war, galt es später die Verlässlichkeit der Energieversorgung für einen kontinuierlichen Produktionsbetrieb sicherzustellen. Am Beispiel des Tuchwerks lässt sich der in mehreren Phasen ablaufende Umwandlungsprozess von einer Selbstversorgung mit Wasserkraft bis zur großflächigen Verbundwirtschaft im Rahmen einer lückenlosen Elektrifizierung verfolgen.

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Nach der über mehrere Jahrhunderte währenden Energiegewinnung durch die sog. Stockheider Wassermühle ließ Theodor Rzehak, der Gründer der gleichnamigen Färberei, 1902 hier eine erste Dampfmaschine installieren. Die Kessel zur Erzeugung des Dampfs befanden sich in diesem Kesselhaus. Die Dampfmaschine trieb nun über Transmissionswellen und Lederriemen die Haspelkufen der Stückfärbe-Bottiche an und versorgte alle Färbereianlagen zudem mit heißem Dampf. Bis dahin waren diese umständlich mit Kohle beheizt worden.

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Bereits in den 1920er-Jahren erfolgte die Anbindung an das damals noch über Oberleitungen laufende Netz der in Kohlscheid beheimateten Aachener Kleinbahn AG. Da diese Versorgung aber nicht sehr zuverlässig war, blieb die Dampfmaschine weiter im Einsatz.
Nach dem zweiten Weltkrieg war die elektrische Versorgung noch schwieriger: Strom und Kohle wurden streng kontingentiert. Um sich vom elektrischen Netz unabhängig zu machen und um gleichzeitig weiterhin Dampf für die Produktion zur Verfügung zu haben, installierte man 1950 einen sogenannten Dampfmotor, der rund 17.000 kWh monatlich lieferte.

Mit dem späteren Ausbau der elektrischen Netze im gesamten Kreis Aachen war die ausreichende Versorgung zum Antrieb alle Maschinen kein Problem mehr. Die Kessel zur Erzeugung von Dampf wurden modernisiert, denn einige Maschinen der Färberei und Nassappretur mussten weiterhin mit Dampf versorgt werden. Statt Kohle verwendete man allerdings Schweröl, wovon der große vertikal stehende Schwerölbehälter bis heute erinnert. Zuletzt - bis zum Ende der Produktion in den 1980er-Jahren beheizte man die Kessel mit Gas.